Museums-Drive-In in Krefeld – Zur Rolle von Kultur im Lockdown
In §8 (1) der Coronaschutzverordnung vom 30.10.2020 des Landes NRW wird ungefähr alles verboten, was Kultur ausmacht: Konzerte und Aufführungen in Theatern, Opern- und Konzerthäusern, Kinos und anderen öffentlichen oder privaten (Kultur-) Einrichtungen sowie der Betrieb von Museen, Kunstausstellungen, Galerien, Schlössern, Burgen, Gedenkstätten und ähnlichen Einrichtungen. Das ist für die Kultur, in der in den letzten Monaten sehr viel Wert auf die Entwicklung von tragfähigen Hygienekonzepten, neuen Veranstaltungsformaten und stark reduzierten Besucherzahlen gelegt wurde, ein weiterer harter Schlag, der nicht nur auf die Bilanzen, sondern vor allem auch auf die Moral drückt. Hoffnung macht da für den Monat November einzig §8 (2), der besagt, dass abweichend von Absatz 1 der Betrieb von Autokinos, Autotheatern und ähnlichen Einrichtungen zulässig ist, wenn der Abstand zwischen den Fahrzeugen mindestens 1,5 Meter beträgt. Ein Lichtstreif und der quasi vorformulierte Gründungsgedanke eines „Automuseums“. Da dies ggf. zu Missverständnissen führt: dem ersten Krefelder „Museums-Drive-In“ der Linner Museen.
In der Pressekonferenz zum Teillockdown, der Bundesregierung wurden Museen gar nicht erwähnt, bei Armin Laschet zumindest im Nebensatz in einer Aufzählung, womit der nordrhein-westfälische Landesvater vielen seiner Amtskolleginnen und Kollegen voraus war. Die meisten hatten Museen als Orte der Bildung und der Kultur schlichtweg vergessen oder unter „Freizeiteinrichtungen“ subsummiert. Dies führte in der deutschen Museumswelt zu einem Aufschrei, denn es verstieß gegen die Selbstwahrnehmung der Museen. An der eigentlichen Sache, dass die Häuser geschlossen sind, gab es weniger Kritik, mehr an der Einordnung zwischen Freizeitparks, Bordellen und Spaßbädern, nicht zwischen Volkshochschulen, Musikschulen und Theater, wo man sich selbst doch viel eher sieht. Liegt es an der fehlenden Wertschätzung der Bildungsarbeit, die doch seit Jahrzehnten aus dem Kanon der außerschulischen Lernorte und der Erwachsenenbildung eigentlich nicht mehr wegzudenken sind, oder an der Eigenvermarktung? Wie an so vielen Stellen in der Kultur bietet der Lockdown damit die Möglichkeit, kreativ über die eigene Rolle und Aufgabe sowie deren Wahrnehmung nachzudenken. Was ist die Aufgabe von Museen in einer modernen Stadtgesellschaft?
Am 22.11.2020 ordnen sich die Linner Museen bewusst zwischen Autokino und Autotheater und zeigen, was durch den Lockdown nicht zu sehen ist: auf der Straße mit geschlossenen Autoscheiben Schätze aus ihren Sammlungen mit Blick auf die Ausstellungen der nächsten Monate. Zwischen 11 und 16 Uhr werden in der Linner Altstadt vom Deutschen Textilmuseum, dem Museum Burg Linn sowie dem Museumscafé Linn neun Pavillonzelte entlang der Rheinbabenstraße, dem Andreasmarkt und der Albert-Steeger Straße gestellt, unter denen jeweils Objekte des Textilmuseums, bzw. des Museums Burg Linn gezeigt und vor allem auch erläutert werden. Die Besucher begeben sich auf eine Zeitreise von den Römern bis heute und können im Dialog mit Museumsführern und Kuratoren Einblicke in die neuen und die im Aufbau befindlichen Ausstellungen bekommen.
Die Besucher fahren zunächst den Informationsstand (1) am Brunnen auf der Rheinbabenstraße an, wo sie eine Infobroschüre mit der Route und den Stationen sowie den „Spielregeln“ kontaktfrei überreicht bekommen. Die Besucher füllen eine Datenschutzerklärung aus und hängen ihre Handynummer in das Autofenster und beginnen die Museumstour.
Die erste Museumsstation (2) wird dann an der Stelle des Torwärterhäuschens gegenüber des Balkenhofs sein, an der durch Entfernung der Poller vor dem Balkenhof Fahrzeuge um ein im „Museum“ stehendes Fahrzeug herum geleitet werden können. An allen Stationen ist ein umfahren der Autos möglich. Dort wird eines der Rätselhaftesten Objekte des Museums Burg Linn präsentiert: der Pentagondodekaeder.
Alle Stationen sind so aufgebaut, dass ein Objekt (teilweise Originale, zum Teil aber auch Repliken) in einer Vitrine unter einem Pavillonzelt durch Mitarbeitende der Museen, bzw. Ehrenamtliche präsentiert wird. Dazu rufen sie die im Fenster hängenden Telefonnummern an. Dadurch bleiben die Autofenster geschlossen und die Gestalterisch werden die Objekte zu dem „Original“ noch einmal groß auf Banner gezogen, damit auch Details erkannt werden können. Die Mitarbeitenden erzählen ca. fünf Minuten kurze Geschichten zu den Objekten.
Die nächste Station (3) steht vor der Kirche St. Margaretha, wo eine Umfahrung durch Sperrung der zwei gegenüberliegenden Parkplätze möglich ist, um den Verkehr so wenig wie möglich einzuschränken. Die Museumsroute führt dann durch die Albert-Steeger Straße, auf der eine Station im Eingang der Museumsscheune und eine in der Zufahrt zur Burg Linn stehen, zum Andreasmarkt, auf dem die letzten beiden Stationen sind.
Die letzte Station (9) wäre unmittelbar vor dem Museumseingang wieder an der Rheinbabenstraße, allerdings ohne langen Aufenthalt mit einem „Museuscafé to go“ durch die neuen Betreibenden des Museumscafés Linn, die dort – selbstverständlich wieder kontaktfrei – Kekse ins Auto reichen.
Hygiene
Da sämtliche „Museumsbesucher“ in ihren Fahrzeugen sitzenbleiben, bleiben sämtliche Abstandsregelungen gewahrt. Flyer und Kekse werden kontaktlos über Verlängerungen in die Fahrzeuge gereicht. Die Mitarbeitenden stehen nur unter einem an den Seiten offenen Pavillonzelt, in dem jederzeit die Durchlüftung gewährleistet ist.
Totensonntag
Die Veranstaltung fällt nach unserem Ermessen nicht unter die Regelungen zum stillen Feiertag, da es keine gewerbliche Ausstellung oder ein Volksfest ist und keine tänzerischen, musikalischen oder artistischen Darbietungen erfolgen und wir mit den Museen eine Bildungseinrichtung und keine Freizeitanlage sind. Wir verlagern den normalen Museumsbetrieb, der an Totensonntag normalerweise auch gestattet ist, coronabedingt nach draußen.
Klimaschutz
Leider dürfen wir aufgrund der Auflagen des Gesundheitsamtes nur Besucher mit Auto begrüßen. Da es sich um eine einmalige Aktion handelt, tun wir dieses mit schlechtem Gewissen trotzdem. An den Stationen muss das Fahrzeug während der Dauer der Erläuerungen ausgeschaltet werden.
– Einmalige Aktion von Museum Burg Linn und Deutschem Textilmuseum
Das bundesweit erste Drive-In-Museum öffnet nur für einen Tag: Das Museum Burg Linn und das Deutsche Textilmuseum Krefeld zeigen draußen und umsonst am Sonntag, 22. November, von 11 bis 16 Uhr Exponaten aus Ausstellungen und Sammlungen. „Die Besucher begeben sich auf eine Zeitreise von den Römern bis heute“, sagt Dr. Jennifer Morscheiser, Leiterin Museum Burg Linn. Die ausschließlich für Autos eingerichtete Route führt durch die Linner Altstadt. Die Kommunikation erfolgt via Handy. Die kostenfreie Tour endet am „Museumscafé to go“, wo sich die neuen Betreibenden des Museumscafés Linn vorstellen. Die Besucher erhalten dort kontaktfrei Kekse.
„Wir wollen möglich machen, was möglich ist und dass auf eine kreative Weise“, sagt Dr. Annette Schieck, Leiterin Deutsches Textilmuseum Krefeld über die einmalige Aktion. Nach der aktuellen Corona-Schutzverordnung müssen die Museen geschlossen bleiben. Autokinos, Autotheatern und ähnlichen Einrichtungen sind jedoch zulässig – wie ein Drive-In-Museum. Aufgrund der Auflagen des Gesundheitsamtes können aber nur Besucher mit Auto teilnehmen. Die Autoscheiben müssen aus Infektionsschutzgründen an den Stationen geschlossen bleiben. „Es bringt nichts, zu Fuß oder mit dem Rad zu kommen“, betont Morscheiser.
Entlang der Rheinbabenstraße, auf dem Andreasmarkt und an der Albert-Steeger-Straße stehen insgesamt neun Pavillonzelte, in denen Objekte gezeigt und von Museumsführern sowie Kuratoren erläutert werden. Die Tour beginnt am Parkplatz an der Rheinbabenstraße in Höhe der Straße Am Mühlenhof. Dort erhalten die Besucher eine Infobroschüre mit der Route und den Stationen sowie den „Spielregeln“ kontaktfrei überreicht bekommen. Die Besucher füllen eine Datenschutzerklärung aus und hängen ihre Handynummer in das Autofenster und beginnen die Museumstour. An allen Stationen ist ein Umfahren der Autos möglich.
Am ersten Stopp wird eines der rätselhaftesten Objekte des Museums Burg Linn präsentiert: der Pentagondodekaeder. Die Mitwirkenden erzählen jeweils circa fünf Minuten an den Haltepunkten kurze Geschichten zu den Objekten. So erfahren die mobilen Besucher auch Neues über die gerade im Aufbau befindliche Mittelalter-Ausstellung auf der Burg sowie zur Krefelder Sportgeschichte und einem römischen Schatz. Auf dem Andreasmarkt warten dann Annette Schieck und Walter Bruno Brix, dem Kurator der aktuellen Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“. Sie werden über ihre Arbeit und die Ausstellung berichten. Vorab können sich Besucher einen Film zur Ausstellung unter www.deutschestextilmuseum.de anschauen. Außerdem ist ein kontaktfreier Mini-Museumsshop vorgesehen, in dem Besucher unter anderem den Katalog zur Ausstellung kaufen können. ◄