2 Ausstellungsprojekte im Museum Burg Linn vom 8. Oktober 2017 – 4. März 2018
DIE LETZTE REISE – Jenseitsvorstellungen im Wandel
Paradies, Hölle, Wiedergeburt, das „Nichts“, was kommt nach dem Tod? Auf welche Reise begibt sich der Mensch, wenn er gestorben ist? Auf die Fragen, die seit Menschengedenken vielfach gestellt wurden und werden, fanden die Menschen in den vergangenen Jahrtausenden die unterschiedlichsten Antworten. Dabei ist die Vorstellung von einem Leben nach dem Tod weitverbreitet. Davon zeugen bereits die antiken Sagen oder das ägyptische Totenbuch. Griechen und Römer, Juden und Christen haben jeweils ihre eigenen Vorstellungen vom Jenseits entwickelt.
Die zahllosen Gräber und Hinterlassenschaften von Bestattungen, die auch im Museum Burg Linn gezeigt werden, zeugen von den in den Zeitläuften sich ändernden Jenseitsvorstellungen der Menschen bis in unsere Tage.
Die einzelnen Stationen:
1. Eisenzeitliches Hügelgrab im archäologischen Museum
2. Glaube, Kult, Jenseits in der Welt der Römer im archäologischen Museum
3. Römische Gräber / Grabsitten /
das römisch-fränkische Gräberfeld in Krefeld-Gellep im archäologischen Museum
4. Fränkische Fürstengräber; die Franken im Jenseits
Das Fürstengrab des Arpvar im archäologischen Museum
Der christliche Glaube an das Jenseits in der Zeit Ottos von Linn (um 1200)
In der Burg
Margaretenplatz
Ehrenhalle
8. Humanismus, Naturwissenschaften, Aufklärung
Neuzeitliche Jenseitsvorstellungen
Grabsteine am Jagdschloss
9. Neuzeitliche Jenseitsvorstellungen
Alter Linner Friedhof vor dem Bunker
10. Jüdische Jenseitsvorstellungen
Der jüdische Friedhof in Linn, Kreuzweg
SIEBEN SÄRGE – Es gibt einen Tod nach dem Leben
Ein Projekt des Künstlers Gerhard Rossmann
Die letzte Behausung des Menschen ist ein kleiner Raum. Ein Zimmer aus Kiefer-, Fichten-, Eichenbrettern. Ruhestätte. Keine Tür, kein Fenster. Ein Raum zum Verwesen, zur Auflösung. Zur Erlösung. Tod, tot. Draußen: Trauer, Anteilnahme, Aufbahrung, Beerdigung. Nachruf, Würdigung. Nachkommen, ein Erbe hinterlassen. Das Leben geht weiter, der Tod auch.
Sieben Särge ohne Leichen, aber mit Inhalten. Särge mit Landschaften, Ortschaften und Objekten, Modellen vom Maßstab 1:160 über 1:25 bis zu Nachbildungen und Originalen 1:1. Särge als Stellungnahme: Das Verhältnis zum Sterben, zum Tod, zum Glauben, zum Leben. Politik und Gesellschaft. Macht und Machtlosigkeit. Vorstellungen vom Jenseits. Das Primat des Diesseits. Sieben: sieben Weltwunder, sieben Tage, sieben Tugenden, sieben Laster, sieben Sakramente, sieben Gaben des Heiligen Geistes, sieben Werke der Barmherzigkeit, die sieben Schmerzen und sieben Freuden Mariens, das Siebeneck als häufige Grabkapellenform, der siebente Himmel der Muslime, das siebenmalige Umschreiten der Kaaba in Mekka.
Führung durch die Ausstellung auf Anfrage (tel. 02151-155390)
Die Projekte sind Teil von
UNTERWEGS
Mobilität und Reisen an Rhein und Maas
In der späten Bronze-(ca. 1200 - 800 v. Chr.) - und frühen Eisenzeit (800 - 450 v. Chr.) waren große Grabhügelfelder mit zum Teil mehreren Hundert Bestattungen typisch für den Niederrhein. Der Übergang zwischen der späten Bronzezeit und der frühen Eisenzeit war in unserer Region fließend. Gräber und die wenigen ausgegrabenen Siedlungen sprechen für eine kontinuierliche Entwicklung bis zur mittleren (450 - 250 v. Chr.) und späten Eisenzeit (250 v. Chr. - 50 n. Chr.). Diese großen Grabhügelfelder fand man im Gebiet zwischen den südlichen Niederlanden, dem westlichen Münsterland und Köln. Daher trägt der Raum in der Bronze- und frühen Eisenzeit in der Forschung die Bezeichnung Niederrheinische Grabhügelkultur. Der Leichnam verbrannte auf einem Scheiterhaufen, aus dem man die Reste auslas, reinigte und sie in einer tönernen oder organischen Urne bestattete. Die meisten Grabhügel maßen im Durchmesser nicht mehr als 6 Meter.
Über die Religion und die Jenseitsvorstellung der Menschen, die hier lebten; haben wir keinerlei schriftliche Quellen. Nur die Archäologie kann uns mittels der Deutung der Funde und Befunde eine Vorstellung von der transzendenten Welt dieser Zeit geben.
Die Bestattungsplätze sind so markant, dass sie Rückschlüsse auf die soziale Verfassung und auf die Jenseitsvorstellung der hier lebenden Menschen zulassen. Von den Zeitgenossen müssen die dichten Grabhügelfelder in den ausgesprochen flachen Landschaften als deutliche Landmarken wahrgenommen worden sein. Die Siedlungen waren damals weniger hervorgehoben, da die Menschen in Einzelhöfen lebten, die meist aus einem Wohngebäude mit einem oder wenigen kleinen Wirtschaftsgebäuden bestanden. Die Höfe wurden häufig schon nach einer Generation verlassen und in einiger Entfernung neu errichtet. Diese Wandersiedlungen bestanden aus fünf bis sieben locker gestreuten Einzelhöfen und bildeten eine Gemeinschaft aus biologischen und/oder sozialen Gruppen.
Sowohl das Beigabenspektrum in den Gräbern, als auch die Tatsache, dass in den einzelnen Hügel meist nur eine Zentralbestattung lag, weisen darauf hin, dass das einzelne Grab und der umgebende Hügel selbst als Wohnstätte des Toten angesehen wurden. In der vorangegangenen mittleren Bronzezeit waren dagegen die oft einzeln oder in kleinen, losen Gruppen stehenden Grabhügel mit zahlreichen, meist radial angeordneten Nachbestattungen versehen. Sie geben sich so als gemeinsamer Bestattungsplatz einer sozialen Gruppe zu erkennen. Diese verlagerten sich meist zusammen mit den Siedlungen. Anders seit der späten Bronzezeit: Die Grabhügelfelder traten an die Stelle der einzelnen Hügel und blieben oft über hunderte von Jahren in Benutzung. Sie waren damit deutlich sichtbar der räumliche und zeitliche Fixpunkt der sozialen Gemeinschaft. Für die im unmittelbaren Umland Lebenden waren dadurch die Ahnen immer gegenwärtig, möglicherweise bestand die Vorstellung, dass sie dort weiter in der Gemeinschaft lebten. Damit kam den Grabhügelfeldern auch ein wichtiger Symbolwert zu. Mit der Berufung auf die Ahnen und die dazugehörigen Traditionen und kultischen Praktiken konnte eine Gemeinschaft mittels der Grabhügelfelder eindrucksvoll ihre Ansprüche nach innen und außen auf das umgebende Land demonstrieren. Die Gräberfelder schufen so eine lokale Identität. Weniger die einzelne Familie als der der Kernfamilie übergeordnete soziale Verband war in dieser Zeit der Träger der kulturellen Identität.
Mit dem Ende der Grabhügelfelder im Laufe der mittleren Eisenzeit machen sich auch deutliche Verschiebungen in den sozialen Gemeinschaften und höchstwahrscheinlich auch den Jenseitsvorstellungen bemerkbar. Diese Veränderungen gingen jedoch nur langsam vonstatten und fanden wahrscheinlich ihren Abschluss erst um die Zeitenwende. Die Gräber waren nicht überhügelte Flachgräber. Statt des Urnengrabes mit dem sorgfältig ausgelesenen Leichenbrand meist ohne Beigaben kam jetzt mehr und mehr eine Bestattung des Leichenbrandes zusammen mit Scheiterhaufenresten in einer Urne (Brandschüttungsgrab) oder ohne Urne (Brandgrubengrab) in Gebrauch. Die wenigen Beigaben kamen jetzt, ebenfalls vom Scheiterhaufenfeuer verbrannt, in das Grab.
Die bis dahin strenge Trennung der Siedlungen von den Grabhügelfeldern scheint sich abzuschwächen. In einigen Fällen kann beobachtet werden, dass Siedlungen der mittleren und späten Eisenzeit unmittelbar bei den älteren Grabhügelfeldern oder sogar in deren Mitte angelegt werden. Die zeitgleichen Gräberfelder waren jetzt klein, meist nur relativ kurz belegt und wohl jeweils nur wenigen Hofeinheiten zugehörig. Oft werden auch sie in den älteren Grabhügeln angelegt. Die Siedlungen entwickelten sich in der späten Eisenzeit langsam von den bekannten Wandersiedlungen zu örtlich stabileren Wohnstätten.
Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass die Rolle der Ahnen im Jenseitsbild der Menschen sich in der mittleren und späten Eisenzeit abermals geändert hatte. Die kleinen und ephemeren Begräbnisplätze zeigen, dass sie nicht mehr den zentralen Platz in der Ahnenverehrung einnahmen. Gleichzeitig muss die größere räumliche Stabilität der Siedlungen und die Abgrenzung von Land und Besitz sich auch in der Vorstellungswelt der Menschen niedergeschlagen haben. An die Stelle der Begräbnisplätze als zentralem Punkt der Ahnenverehrung und damit als Mittel zur Selbstvergewisserung der lokalen sozialen Verbände traten jetzt möglicherweise lokale oder sogar regional ausstrahlende Naturheiligtümer. Diese waren weitaus besser geeignet größere Personenverbände als bisher ideologisch zu integrieren. Die Bestattungsgemeinschaften sind nun wohl wieder die einzelnen Familien, die jetzt auch eine größere Rolle im Anspruch auf das umgebende Land gespielt haben. Gleichzeitig scheinen diese Familien jetzt fester in die größeren Sozialverbände eingebunden gewesen zu sein.
Können wir aufgrund der Quellenlage also nur wenig sicheres über die genaue Jenseitsvorstellung der Bronze- und Eisenzeit in unserem Raume aussagen, zeigen die gleichen Quellen doch umso mehr, wie sich Gesellschaftsstrukturen und das Bild der Menschen von sich selbst und ihrer Gemeinschaft im Laufe der vorchristlichen Jahrhunderte verändert hat.