Humanismus, Naturwissenschaften, Aufklärung

Aller Tod in der Natur ist Geburt, gerade im Sterben erscheint sichtbar die Erhöhung des Lebens.“ (Johann Gottlieb Fichte, 1762 - 1814)

 Humanismus und Aufklärung, Naturwissenschaften und Philosophie, aber auch die Theologie selbst bewirkten seit dem 16. Jahrhundert eine Umdeutung herkömmlicher Jenseitsvorstellungen. Als Erstes ging der Glaube an die Hölle und an einen Zusammenhang zwischen Tod und Sünde verloren, die Angst vor der Hölle verschwand. Und wo es keine Hölle mehr gab, veränderte sich auch der Himmel und damit die Jenseitsvorstellungen: „Das Jenseits wird vor allem zum Ort der Wiedervereinigung derer, die durch den Tod getrennt worden sind. […] In dieser Form ist es das Paradies der Christen und die Astralwelt der Spiritisten und Metapsychologen. Es ist aber auch die Traumwelt der Ungläubigen und Freidenker, die die Realität eines Lebens nach dem Tode negieren.“ (Philippe Ariès, Geschichte des Todes)

 Je mehr eine Verlagerung der Todesfolgen in das Diesseits stattfand, desto wichtiger wurde das Totengedenken. Davon zeugen die zum Teil prächtigen Grabmäler auf den Friedhöfen des 19. und 20. Jahrhunderts.

 „Zur Vollendung des Menschen gehört auch der Tod; denn auch er gehört zur Bestimmung, das heißt zur Natur des Menschen. Darum heißt der Tote mit Recht der Vollendete. Menschlich zu sterben, zu sterben mit dem Bewußtsein, daß du im Tode deine letzte Bestimmung erfüllst, zu sterben also im Frieden mit dem Tode - das sei dein letzter Wunsch, dein letztes Ziel. Dann triumphierst du auch noch im Tode über den üppigen Traum der christlichen Unsterblichkeit; dann hast du unendlich mehr erreicht, als du im Jenseits erreichen willst und doch nimmermehr erreichst.“

Ludwig Feuerbach (1804 - 1872)

  

Verein für Feuerbestattung, Krefeld

Als eine Folge der Aufklärung gelangte man im späten 19. Jahrhundert interessanterweise wieder zu Bestattungsformen, wie sie im christlichen Europa seit über tausend Jahren nicht mehr vorkamen. „Für die Feuerbestattung einzutreten, wurde zu einem Zeichen moderner und aufgeklärter Gesinnung.“ (Frank Deisel) In deutlichem Gegensatz dazu stand die Katholische Kirche: Papst Leo XIII. hatte 1886 die Einäscherung der Toten verboten. Aber auch der Preußische Staat erlaubte sie nicht. Das Verbot wurde erst 1911 in Preußen per Gesetz aufgehoben.

Die Bewegung für Feuerbestattung in Deutschland war zwar keine religiöse Vereinigung, lehnte auch die Erdbestattung nicht grundsätzlich ab, doch geriet sie durch die Auseinandersetzung mit den Kirchen unweigerlich in das Fahrwasser religiöser Diskussionen.

Auch in Krefeld gründete man einen „Verein für Feuerbestattung“, und zwar am 12. Januar 1904. Der Verein setzte sich für die Feuerbestattung mit ästhetischen und hygienischen Argumenten ein, führte auch den Platzmangel auf den Friedhöfen ins Feld. Vor allem aber forderte er den Bau eines Krematoriums, dessen Bau in der Stadtverordneten-Versammlung am 9. November 1911 beschlossen wurde. Das heute noch existierende Krematorium konnte 1915 in Betrieb genommen werden.

 

Kriegerische Helden sind in der Regel männlich und tot. Hatten antike und germanische Helden nach ihrem Ableben noch einen Anspruch auf einen Sitz bei den Göttern oder in Walhalla, starben die christlichen Kreuzfahrer noch im Glauben an einen Platz im Paradies, so verloren sich diese Überzeugungen im Laufe der Neuzeit in Europa. Die Jenseitsvorstellungen verlagerten sich zunehmend auf das Diesseits. Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im 19. Jahrhundert sowie der Entfaltung bürgerlich-demokratischer Grundwerte veränderte sich auch das Bild des Helden. Immer weniger zählte die herausragende Leistung des Einzelnen, zu Helden wurden nun alle, die sich für ein hehres Ziel aufopferten. Die erste Inflation war die des „Eisernen Kreuzes“ im 1. Weltkrieg.

 Der moderne Kriegsheld stirbt für Volk und Vaterland, auch wenn „Gott“ noch auf dem Koppel steht. Der Heldentod ist das Ziel und die Erfüllung des soldatischen Daseins, ein Danach gibt es offenbar nicht mehr, es wird auch nicht mehr versprochen. Umso wichtiger wird das Heldengedenken: Der Held soll im Gedächtnis der Nachwelt weiter existieren.

 Bildergebnis für der eiserne georg krefeld

Der „Eiserne Georg“ in der Ehrenhalle des Museums Burg Linn

 Nagelfiguren wie der „Eiserne Georg“ wurden in den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs in zahlreichen Städten des Deutschen Reichs aufgestellt, um Spenden zur Unterstützung der Hinterbliebenen gefallener Soldaten zu sammeln. So stellte man auch in Krefeld im Herbst 1915 die von der Krefelder Bildhauerin Helene von Beckerath angefertigte Figur in einem Pavillon am Ostwall auf. Sie kostete damals 5.000 Mark, gestiftet hat sie der Willicher Stahlfabrikant Heinrich Becker.

 Nicht wie in der Legende vom Hl. Georg tötet dieser einen einzelnen Drachen, der Linner Georg besiegt gleich mehrere Ungeheuer. Vermutlich sollten damit die Feinde des Deutschen Reiches im Krieg symbolisch dargestellt werden.

 Je nach Höhe der Spende konnte man entweder einen kleinen Nagel für 50 Pfennige im oberen Teil der Figur anbringen lassen oder ein Metallschild weiter unten, das dann jedoch 100 Mark kostete. Auf den Metallschildern finden sich nicht nur die Namen von damals bekannten Krefelder Bürgern, sondern auch die einfacher Bürger und nicht zuletzt die Namen etlicher jüdischer Mitbürger. Darüber hinaus haben viele Krefelder Firmen, Vereine und (Militär-) Verbände, Schulklassen oder politische Parteien für die Stiftung gespendet. Insgesamt kam Ende 1916 die Summe von 223.000 Mark zusammen.

 Nach Kriegsende 1918 lagerte man die Figur zunächst ein, bis sie zusammen mit der Eröffnung des Krefelder Heimatmuseums 1930 in der „Ehrenhalle“ in Linn wieder aufgestellt wurde. Hier stand der „Eiserne Georg“ bis 1952, umgeben von 27 Tafeln mit den Namen der 3.421 gefallenen Krefelder des Ersten Weltkriegs. Noch einmal wurde die Figur eingelagert, da nun die evangelische Gemeinde den Raum für ihre Gottesdienste benötigte. Nach deren Auszug 1968 stellte man die Figur ein zweites Mal in der Ehrenhalle auf. Die Tafeln mit den Gefallenen kamen auf den Krefelder Hauptfriedhof, sie wurden durch Tafeln mit den Namen der Toten des Zweiten Weltkriegs ersetzt.

Spätestens seit Karl dem Großen (* um 742 – +814) gab es die Regelung, dass die Toten „… nicht mehr bei den Grabhügeln der Heiden sondern auf den Friedhöfen der Kirchen …“ bestattet werden sollten. So waren über Jahrhunderte die Pfarrkirchen nicht nur Mittelpunkt des Gemeindelebens, sondern auch Begräbnisorte. Mit der Stadterhebung Linns um 1300 wurde die Pfarrkirche von der etwa 1,5 km östlich gelegenen „Alden Kerk“ ins Zentrum auf den heutigen Margaretenplatz verlegt. Der Kirchhof zeichnete sich dadurch aus, dass er zunächst von einem Zaun, später von einer Mauer umgeben war. Der Raum für Bestattungen war sehr begrenzt, obwohl man die Toten auch in der Kirche selbst bestattete. Bei einer über Jahrhunderte währenden Benutzung des Kirchhofs als Friedhof kam man aber nicht umhin, Beinhäuser an die Kirche anzubauen, um so die Knochen der Toten, wenigstens aber die Schädel, bis zum Tag des Jüngsten Gerichtes aufzuheben.

Der Kirchhof an St. Margareten wurde auch nach dem Einsturz des Kirchengebäudes 1814 noch zehn Jahre genutzt. Danach gab man ihn auf. Die Toten begrub man nun auf dem seit 1795 vor dem Bruchtor angelegten städtischen Friedhof.

 

 Die Franken zählten zu den Gruppen unter dem Sammelbegriff „Germanen“. Daher können wir davon ausgehen, dass auch ihre Glaubenswelt und ihre Jenseitsvorstellungen denen der Germanen am nächsten standen: Hierzu gehörte die Vorstellung von einer Weiterexistenz der Toten in ihren Grabstätten oder aber in einem Totenreich. Ob hier die Ausstattung der Toten bzw. die Grabbeigaben auf die jenseitige Welt verweisen oder einzig dem irdischen Status des Toten entsprachen und eher mit Totenritualen in Verbindung zu bringen sind, wird in der Forschung immer wieder diskutiert.

 

Das Fürstengrab des Arpvar

 In eine historisch gesehen sehr spannende Zeit fällt das Grab des Fürsten von Gellep: Der fränkische König Chlodwig, unter dessen Herrschaft das fränkische Reich zum ersten Mal vereinigt war, war zum christlichen Glauben übergetreten. Es ist durchaus denkbar, dass auch Arpvar, der etwa zeitgleich lebende Fürst von Gellep, sich ebenfalls hatte taufen lassen. Seine Grabbeigaben sprechen allerdings keine eindeutige Sprache. Es gibt Gegenstände, die sich im weitesten Sinne als christliche Symbole interpretieren lassen. Andere Objekte hingegen – wie etwa die in den Mund gelegte Münze, der „Charons-Pfennig“ – verweisen auf einen eindeutig heidnischen Hintergrund. Die reiche Grabausstattung lässt darauf schließen, dass dem Fürsten auch im Jenseits eine Existenz gemäß seiner hervorgehobenen Stellung ermöglicht werden sollte.

 

 

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